Auf Einladung des Ortsverbandes Bad Wurzach/Kisslegg Bündnis 90/die Grünen diskutierten in einer hochkarätig besetzten Veranstaltung Politiker, Fachleute und Bürger über finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten an Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Die Veranstaltung, moderiert von Petra Krebs (Landtag BW), bot spannende Einblicke in aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Energiewende in Baden-Württemberg.
Bürgerbeteiligung als Schlüssel zur Energiewende!
Jutta Niemann (Bündnis 90/Die Grünen) betonte in ihrem Vortrag die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile der Energiewende. Erneuerbare Energien seien nicht nur ein Jobmotor, sondern auch entscheidend für die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. In Baden-Württemberg seien die Genehmigungsverfahren für Wind- und Solarenergie bereits beschleunigt und digitalisiert worden.
Trotzdem bleibe der Ausbau hinter den Erwartungen zurück: Der Anteil von Windkraft beträgt derzeit nur 1,8%, Solarenergie liegt bei 0,2%. „Wir sind weiter gekommen, aber leider fehlen in der Politik noch einige wichtige Entscheidungen“, so Niemann mit Blick auf die aktive Landespolitik.
Besonders die finanzielle Beteiligung der Bürger könne ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz sein. Gemeinden profitieren direkt von Windkraftanlagen: Jede Kommune erhält 0,2 Cent pro kWh – das entspricht rund 20.000 Euro pro Windrad pro Jahr. Zudem bringen Windräder über 20 Jahre hinweg mehr als 2 Millionen Euro an Gewerbesteuer.
Energiegenossenschaft Lechwerke zeigt erfolgreiches Modell.
Ein Praxisbeispiel war der Gastvortrag von Andreas Bayer von deEnergiegenossenschaft LEW e.G., der über Genossenschaftsmodelle informierte. „Jeder kann Teil davon sein“, betonte er. Die Lechwerke setzen verstärkt auf Bürgerbeteiligung – ein Modell, das bereits in Leutkirch mit Erfolg umgesetzt wurde.
Dort zahlen Mitglieder 50 Euro als Einlage in eine Bürgerenergie-Genossenschaft, die über Nachrangdarlehen finanziert wird. Die Verzinsung liegt bei 3,4% für sieben Jahre und 3,8% für zehn Jahre. „Es gibt Führungen vor Ort, die Menschen wollen sehen, wo ihr Geld investiert wird“, erklärte Bayer.
Hürden und Diskussionen in der Fragerunde:
In der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, dass es trotz der positiven Beispiele noch zahlreiche Herausforderungen gibt. Besonders die Nutzung von Industrieflächen für Photovoltaikanlagen wurde kontrovers diskutiert. „Es gibt viel Potential, aber die Statik reicht oft nicht“, erklärte ein Teilnehmer. Zudem sei ein Eingriff ins Eigentum von Unternehmen rechtlich schwierig.
Ein weiteres Hindernis sei der Netzausbau. Zwar dürften Netze mittlerweile auf Prognosen ausgebaut werden, doch fehlten vielerorts noch Anschlusspunkte für größere Erzeugungsanlagen.
Auch Denkmalschutz und Flächennutzung wurden thematisiert. Während in Leutkirch bereits drei Viertel der geplanten Projekte umgesetzt wurden, stehen andere Gemeinden noch am Anfang.
Politische und wirtschaftliche Perspektiven:
Die Teilnehmer waren sich einig: Die Energiewende kann nur mit einem starken politischen Rahmen und finanzieller Unterstützung gelingen. So sind inzwischen Bürgschaften von bis zu 80% durch das Land für Bürgerenergieprojekte möglich.
Während sich einige Sorgen über mögliche wirtschaftliche Einschränkungen für Unternehmen machten, wurde entgegnet, dass die Industrie in der Vergangenheit trotz hoher Strompreise gewachsen sei. Eine Umstellung sei notwendig, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Fazit: Große Chancen, aber auch Herausforderungen
Die Veranstaltung zeigte, dass Bürgerbeteiligung ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz erneuerbarer Energien ist. Erfolgreiche Beispiele wie in Leutkirch oder Wangen machen Mut – doch es gibt auch viele Hürden, insbesondere bei der Flächennutzung und dem Netzausbau.
Klar ist: Die Energiewende braucht beides – Photovoltaik und Windkraft. Die Politik steht dabei in der Verantwortung, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen damit Bürger und Unternehmen aktiv vorangehen können.
In der Diskussion sind (v.L.) MdL Petra Krebs, MdL Jutta Niemann und Alexander Bayer von der Bürgerenergie LEW.
(Bild: Bernd Striegel)